Hallo,
wie ein Fremdkörper in einer immer wärmer werdenden Welt wirkt diese Zone negativer SST – Anomalien im Nordatlantik. Bietet dieses Phänomen doch auch Raum für allerlei Spekulationen über dessen Ursachen, z. B. langsameres Fließen des Golfstroms, erhöhter Süßwassereintrag durch schmelzende grönländische Gletscher.
Vielleicht reicht auch eine ganz banale Erklärung. Die SSTs in diesem Raum sind eng mit der NAO korreliert, eine positive NAO im Winter (Dezember bzw. Januar – März) bewirkt negative SSTs in diesem Zeitraum und für die folgenden Monate.
Korrelation NAO Januar – März mit SST April – Juni
Man erkennt das Grundmuster: Eine positive NAO führt zu einer negativen SST – Abweichung im Bereich 50 – 65°N, zu einer positiven im westlichen Nordatlantik zwischen 30 – 50°N und wiederum zu einer negativen im tropischen Nordatlantik. Diese negative SST – Abweichung im tropischen Nordatlantik wird jedoch konterkariert duch ENSO. Ein El Nino, wie er im Winter 2015/16 stattfand, reicht mit seinen Auswirkungen auch in den tropischen Atlantik.
Korrelation Nino 3.4 Januar – März mit SST April – Juni
Ein El Nino hat im tropischen Atlantik ebenfalls positive SST – Anomalien zur Folge. Nimmt man nun alle Jahre seit 1950, die von November bis März einen durchschnittlichen NAO – Index von mindestens 0.700 (2015/16 hatte 1.282) und gleichzeitig im Nino4 – Bereich von Dezember bis März eine durchschnittliche SST von mindestens 28,000°C hatten (dies waren die Jahre 1982/83, 92/93, 93/94, 94/95, 2013/14, 14/15 und 15/16), so ergaben sich am 1.April jener Jahre diese durchschnittlichen SST – Anomalien:
Es zeigt sich auch hier der blaue Fleck zwischen Südgrönland und den Britischen Inseln als Folge der Kaltluftausbrüche von Nordostkanada und Grönland, ein weiterer blauer Fleck befindet sich vor der nordwestafrikanischen Küste. Das bei einer positiven NAO kräftige Azorenhoch führt an seiner Ost – bzw. Südostseite zu einem verstärkten Nordostpassat und damit zu kühleren SSTs in diesem Gebiet. Gleichzeitig bringen südliche Luftströmungen an seiner Westflanke wärmere Luft in den subtropischen westlichen Atlantik. Die Situation am 1. April 2016 war zwar nicht identisch mit den Vergleichsjahren (ist auch nie zu erwarten), aber ähnlich:
Das Zentrum der Kaltwasseranomalie liegt 2016 geringfügig südlicher als in den Vergleichsjahren. Ursache hierfür ist eine insgesamt südlicher verlaufende Frontalzone und damit südlicher verlaufende Polarluftausbrüche, wie hier zu sehen ist:
Luftdruckanomalien Januar – März in den Vergleichsjahren:
…………und 2016:
Ominös kann auch banal sein.
Und wie geht es weiter? Bleibt das ominös Banale bzw. das banal Ominöse ewig bestehen? Ewig ist lange. Also wahrscheinlich nicht. Ein Impuls zur Änderung könnte vom tropischen Pazifik kommen. Der El Nino geht zu Ende und die Modelle zeigen ab Juni / Juli den Übergang zu einer La Nina, die dann dem Herbst 2016 und dem Winter 2016/17 ihren Stempel aufdrücken wird. Dies könnte auch die eingefahrene Zirkulation im atlantisch – europäischen Raum verändern, wie diese Karten zeigen:
Korrelation SST mit BEST (Bivariate ENSO Timeseries):
……….oder mit MEI (Multivariate ENSO Index):
………..oder mit SOI:
Eine La Nina geht einher mit positiven SSTs im Atlantik nördlich von 30°N und negativen südlich davon. Es besteht also immerhin die Möglichkeit, dass zum nächsten Winter das Lebenslicht des kalten Flecks ausgeblasen wird.
Gruß
KHB