Hallo,
umso mehr man sich mit der Materie „Langfristprognose“ befasst, umso mehr Fragen tauchen auf. Umso mehr Daten man einbezieht, umso „länger“ braucht man für eine „Prognose“, ohne dass sich die Qualität derselben merklich verbessert (wahrscheinlich ist der Begriff „Langfristprognose“ deshalb auch so zu Stande gekommen). Um nicht in der Datenflut zu ertrinken und um es (deshalb) nicht bei einer „Wetternachhersage“ zu belassen, muss ich mich auf das Nötige beschränken.
Wie gesagt, mir geht es um Grundstrukturen der nordhemisphärischen Zirkulation(sanomalien), nicht um Details, die nach meiner Meinung nicht prognostizierbar sind.
Um eine Prognose zu erstellen, muss zuerst eine Analyse des „Istzustandes“ erfolgen. Aus diesem Grund habe ich die Nordhemisphäre in 72 Zonen eingeteilt, jede Zone umfasst 15 Breitengrade und 30 Längengrade, ist also ziemlich grobmaschig, aber mehr geht (bei mir) nicht. Zone 1 umfassst den Bereich 75 – 90°N 180 – 150°W, Zone 2 den Bereich 75 – 90°N 150 – 120°W………………………Zone 72 dann den Bereich 0 – 15°N 150 – 180°E.
Die Bodendruckwerte (Flächenmittel) dieser 72 Zonen aller Monate seit Januar 1950 bis Dezember 2016 bilden die Datengrundlage, angeordnet in 864 Spalten und 67 Reihen (= Jahren, die Daten werden monatlich aktualisiert, wobei das Jahr 2017 als 2016b auf der Reihe von 2016 weitergeführt wird), ergibt knapp 60.000 Einzeldaten. Um die (künstliche) Einteilung in Jahre aufzuheben, bilde ich also eine Kette, das bedeutet, der Januar 2017 wird zum Januar 2016b, der Februar 2017 zum Februar 2016b usw., so wie der Januar 1951 zum Januar 1950b wird, der Februar 1951 zum Februar 1950b usw. Auf diese Weise ist es möglich, größere Zeiträume als 12 Monate zu analysieren, um eine mögliche „Konstante“ herauszufinden, also zum Beispiel den Zeitraum Januar 2016 bis Februar 2017 mit dem Zeitraum Januar 1950 bis Februar 1951 oder Januar 1951 bis Februar 1952 usw. in Beziehung zu setzen (zumal jeder Monat ja gleichzeitig Folge und Ursache ist). Natürlich kann dieser Großzeitraum wieder in beliebig viele kleinere Zeiträume aufgelöst werden.
Ziel ist es, den Modus zu finden, in welchem die nordhemisphärische Zirkulation eines bestimmten Zeitraums „funktioniert“. Ich korreliere also zum Beispiel 1 Monat (jeweils 72 Einzeldaten) oder 3 Monate (jeweils 216 Einzeldaten) oder 15 Monate (jeweils 1080 Einzeldaten) der Gegenwart mit entsprechenden Zeiträumen der Vergangenheit bzw. lasse die durchschnittliche absolute Abweichung berechnen. Hier zeigen sich dann gleiche Verläufe, Unterschiede, Brüche.
Konkret an einem Beispiel: Ich korreliere den Zeitraum Januar 2016 bis November 2016 dieser 72 Zonen, also jeweils 792 Einzelwerte (Spalten) mit den entsprechenden Zeiträumen 1950 bis 2015. Umso größer R² bzw. umso geringer der durchschnittliche absolute Abweichungswert, umso ähnlicher ist der Modus, in welchem sich die nordhemisphärische Atmosphäre (als Ganzes) im betreffenden Zeitraum befindet. Wichtig ist mir an dieser Stelle, die Ähnlichkeit des Zustands der gesamten Nordhemisphäre zu erfassen und nicht lediglich die Ähnlichkeit eines kleinen Sektors, wie zum Beispiel Europa oder Atlantik / Europa. Diese kleinräumigen Strukturen maskieren oft nur die Gesamtzusammenhänge (es erhebt sich dann allerdings die Frage, ob nicht die Südhemisphäre in die Analyse einbezogen werden sollte, wahrscheinlich sollte sie es………..).
Es gilt jetzt die Jahre zu bestimmen, die sich über einen längeren Zeitraum in einem möglichst ähnlichen atmosphärischen Zustand (mit 2016) befanden. Ich nenne hier die 10 Jahre mit größter Übereinstimmung, (ranking), R² des 1. Platzes beträgt 0.57, des 10. Platzes 0.50.
1953
2012
1974
2000
2003
1988
2004
1983
1980
1999
Für eine Langfristprognose ist es nun interessant, zu sehen, welche Beziehung gibt es zum Folgezeitraum (Winter):
In diesem Fall würde die Prognose folgendermaßen lauten:
Was sagt uns dieses Ergebnis? Es sagt uns, dass mit tiefem Luftdruck im Polargebiet zu rechnen ist, Schwerpunkt der Tiefdrucktätigkeit möglicherweise im Raum Spitzbergen – Nowaja – Semlja liegt, ein starkes Aleutenhoch zu erwarten ist, ein Hoch über dem Ostatlantik sowie über Sibirien, Möglichkeit eines Troges über Zentralkanada und den zentralen USA sowie über Mittel – und Osteuropa, positive NAO und AO.
Es ist jetzt eigentlich noch nötig, den Zeitraum Oktober / November im Einzelnen zu analysieren, um Veränderungen im Vergleich zu den Vormonaten festzustellen, um eventuell ein Jahr oder mehrere Jahre zu entfernen und durch ein neues oder neue zu ersetzen (es soll ja auch der Dynamik Rechnung getragen werden und nicht nur auf „weiter so“ gesetzt werden).
Zum Vergleich die tatsächlichen Bodendruckanomalien auf der NH im Winter 2016/17:
Der tiefe Druck im Polargebiet ist eingetroffen, ebenso der hohe Druck bei den Aleuten, der prognostizierte hohe Druck über dem Ostatlantik befand sich über West – und Mitteleuropa, der prognostizierte Trog über Mittel – und Osteuropa über dem Uralgebiet, die Austrogung über Zentralkanada und den zentralen USA hat planmäßig stattgefunden. Der hohe Druck über Sibirien fehlt.
Ein Schritt weiter: In welchem vergleichbaren Zustand früherer Jahre ereignete sich nun der Winter 2016/17? Auch hier wieder dieselbe Vorgehensweise, Korrelation Dezember bis Februar 2016/17 mit den Jahren seit 1950/51, jeweils 216 Einzeldaten, R² des 1. Platzes beträgt 0.78, des 10. Platzes 0.61.
Ranking:
2007/08
1992/93
1991/92
1988/89
1974/75
1972/73
1990/91
1953/54
1999/00
1983/84
Dies sieht dann so aus:
Nebenbei: Es fällt auf, dass sich bei den vergleichbaren Wintern ( und den Vormonaten) kein einziger aus den 60er Jahren befindet, im Gegenteil, es finden sich reihenweise „Anti – Jahre“, also Winter mit genau entgegengesetzten nordhemisphärischen Bodendruckanomalien zum Winter 2016/17, nämlich beginnend Ende der 50er Jahre: 1958/59, 59/60, 62/63, 64/65, 65/66, der totale Anti – Winter (zu 16/17) 1968/69 sowie 69/70.
Von den 10 oben genannten Jahren des Zeitraums Januar bis November finden sich 5 im Zeitraum Dezember bis Februar wieder, im März noch einer, nämlich 1989, sozusagen der rote Faden, der sich seit mindestens 15 Monaten durch die himmlischen Gefilde und bodennahen Niederungen zieht und auch im März nicht abbrach (R² immer noch 0.60), neu hinzu kam der März 2007:
Der tatsächliche März 2017:
Fast möchte ich sagen, die Bilder gleichen sich wie ein Osterei dem anderen.
Daraus leite ich dann diese Prognose ab, bis zum (irgendwann stattfindenden) Absturz von 1989 setze ich auf „weiter so“, zähle dabei 1989 doppelt (Treueprämie) und 2007 als Hilfspunkt, ergibt für April 2017 diese Konstellation:
Für Mai 2017 (nach jetzigem Stand):
Für Juni 2017 (nach jetzigem Stand):
Anfang Mai werde ich dann eine (erste) Verifikation durchführen.
Gruß
KHB