Hallo,
nachdem die Arktische Oszillation (AO) im Monat Oktober 2016 einem neuen Tiefststand entgegenzusteuern scheint und der stratosphärische Polarwirbel schwach und gespalten ist, lohnt sich meines Erachtens ein Blick auf ähnliche Vorkommnisse in der Vergangenheit, auch um mögliche Schlüsse für das Verhalten des Polarwirbels in den kommenden Monaten sowie eventuelle Fogen für den Winter auf der NH zu ziehen.
Zunächst zur Bestandsaufnahme:
Situation der Stratosphäre im Oktober 2016 (1. – 29.):
Dieser Struktur entsprechen 5 Vergleichsjahre, ich setze allerdings zusätzlich die Bedingung, dass die AO des Oktober <-0.100 beträgt, um größtmögliche Übereinstimmung von Stratosphäre und AO mit 2016 zu erhalten.
Zudem musste die Entwicklung im Laufe des Oktobers der diesjährigen entsprechen, außer der gesamtmonatlichen Übereinstimmung musste deshalb auch der Zeitraum 27. – 29. Oktober übereinstimmen:
27. – 29. Oktober 2016:
27. – 29. Oktober der Vergleichsjahre:
In meinem Beitrag „Europa – ein Wintermärchen“ hatte ich ja darauf hingewiesen, dass zwischen der eurasischen Schneebedeckung im Oktober und der Winter AO kein signifikanter Zusammenhang besteht. Einige Studien (auch Cohen) belegen, dass alleine die eurasische Schneebedeckung „südlich des 60. Breitengrades“ von Bedeutung sei und nicht die Schneebedeckung Sibiriens insgesamt (also vor allem 50 – 60°N 55 – 140°E). Außerdem sei auch hier nicht die absolute Schneefläche bedeutsam, sondern die Geschwindigkeit der Zunahme, im Sinne von geringer Fläche Anfang Oktober – übernormal starker Fläche Ende Oktober / Anfang November, dies führe dann zu negativer AO im Winter. Leider verfüge ich nicht über Detaildaten, um dies zu überprüfen.
Aber immerhin liegen die Temperaturen der 5 oben genannten Jahre Ende Oktober (Stichtag 31. Oktober) im besagten Gebiet durchschnittlich um bis zu 12 K unter dem Mittel 1981 – 2010, wie hier zu sehen ist:
Dies ist auch in diesem Jahr der Fall, die Ursache liegt zum großen Teil in der negativen AO des Oktober 2016 und die Vergleichsjahre mussten ja dieses Merkmal ebenfalls aufweisen, Temperaturanomalie vom 26. Oktober 2016 (neueste Daten, die ich zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags besitze):
Immerhin ist denkbar, dass der Zusammenhang schwacher Polarwirbel und negative AO im Oktober bei großflächiger Schneebedeckung Eurasiens „südlich des 60. Breitengrades“ Ende Oktober / Anfang November sowie bei tiefen Temperaturen im genannten Gebiet und genannten Zeitraum über Lage und Stärke des sibirischen Winterhochs entscheidet und dieses wiederum die AO in der Folgezeit beeinflusst, die AO, die im Oktober selbst zu diesen Verhältnissen geführt hat, also insgesamt ein eigenes System bildet, welches als Selbstverstärkung im Sinne der Erhaltungsneigung fungiert.
Wie sah nun die weitere Entwicklung des stratosphärischen Polarwirbels bei gleicher oder mindestes ähnlicher Ausgangsbasis in der Vergangenheit aus?
Im November:
Im Dezember:
Im Januar:
Im Februar:
Der Polarwirbel blieb schwach, es zeigte sich in den Folgemonaten bis Februar eine deutliche positive Geopotentialanomalie über der Arktis, gleichzeitig eine negative über den mittleren Breiten, bei den Aleuten im November bzw. den USA von Dezember bis Februar. Es überrascht deshalb auch nicht, dass die AO in allen 5 Wintern negativ war / blieb und außerdem in 4 Novembern (nur 2009 positiv).
Da sich menschliches Leben weniger in der Stratosphäre abspielt, sondern überwiegend am Boden („………..den Himmel überlassen wir den Engeln und den Spatzen…………“ Heinrich Heine, stimmt aber inhaltlich auch nicht mehr so ganz………), wäre noch interessant zu wissen, welche Folgen diese Konstellation „damals“ für November und Winter hatten.
Bodendruckanomalien im November der Vergleichsjahre:
Temperaturanomalien:
Auffällig sind die stark negativen Temperaturanomalien im oben ganannten Raum Asiens, sie reichen südwärts bis 35°N, zum Teil bis 20°N, dies spricht für massive hochreichende Kaltluftvorstöße im Bereich 60 bis 140°E.
Bodendruckanomalien im Dezember der Vergleichsjahre:
Der Hochdruckblock über Russland, der von 30°N bis 90°N reicht, ist deutlich erkennbar, ebenso zeichnet sich die negative AO ab.
Temperaturanomalien:
Entsprechend tief liegen die Temperaturen im Bereich 30 bis 60°N, 60 bis 120°E, auch relativ niedrig über Skandinavien, im Seegebiet südlich Islands, über Teilen Kanadas, relativ hoch über Grönland, dem Europäischen Nordmeer, ebenso von den Alpen südostwärts bis zum Nahen Osten (Tiefdruckvorderseite) sowie über Nordafrika.
Bodendruckanomalien im Januar der Vergleichsjahre:
Der Schwerpunkt der positiven Druckanomalie hat sich jetzt weiter nordwestwärts verlagert und liegt nun bei Island und dem Nordmeer, die negative AO ist nicht zu übersehen, ebenso wenig die negative NAO, befindet sich doch nun die größte negative Druckabweichung im Bereich der Azoren.
Temperaturanomalien:
Die negative AO und NAO verfehlen nicht ihre Wirkung, Schwerpunkt der negativen Temperaturabweichung liegt jetzt bei 50 bis 70°N 30 bis 140°E, West – und Mitteleuropa noch leicht negativ. Auf der Rückseite des mittelatlantischen Tiefdrucksystems kann nun Kaltluft die Mitte und den Osten der USA fluten, während der Nordosten Kanadas und Grönland verhältnismäßig warm bleiben.
Bodendruckanomalien im Februar der Vergleichsjahre:
Gegenüber Januar zeigt sich wenig Änderung, das Zentrum der negativen Druckabweichung ist etwas näher an Europa herangerückt, dadurch nimmt die Möglichkeit für Warmluftvorstöße aus S oder SW zu, obwohl AO und NAO im negativen Modus verharren.
Temperaturanomalien:
Dies macht sich in der Tat temperaturmäßig bemerkbar, Südwest – West – sowie das südliche Mitteleuropa werden von der Kaltluft nicht mehr erreicht bzw. milde und kalte Abschnitte wechseln sich ab, Skandinavien bleibt kalt, ebenso Russland. Auch die USA bleiben kalt, während der Wärmepol zwischen Nordostkanada und Grönland liegt, was bei solchen Großwetterlagen allerdings normal ist. „Klassische“ Westlagen traten in diesen Wintern seltener auf.
Zusammenfassend, Russland hatte in diesen Jahren einen kalten Zeitraum November bis Februar, die USA einen kalten oder sehr kalten Januar und Februar, Mitteleuropa einen in etwa durchschnittlichen Winter (bezogen auf 1981 – 2010), mit milden und kalten Abschnitten, da es sich oft an der Grenze von kontinentalen und maritimen Luftmassen befand. Nordostkanada sowie Grönland hatten im Durchschnitt dieser Jahre milde oder sehr milde Winter.
Ob der Winter 2016/17 in diesem Sinne verlaufen wird, kann sein oder auch nicht, dabei sollte nicht vergessen werden, dass auch diese Winter keinen einheitlichen Verlauf nahmen, sondern ihre Individualität besaßen. Es kann also lediglich darum gehen, gemeinsame Merkmale herauszufinden. Kopien gibt es nicht.
Gruß
KHB